Kennen Sie so etwas? Ein mittelständisches Unternehmen befindet sich seit Jahren in einer Krisensituation. Die Eigenkapitalsubstanz schmilzt. Ein Negativkapital ist zu befürchten. Die bilanzielle Überschuldung droht – was nun?
Sicherlich: Nach Verabschiedung des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes besteht zwar bei Kapitalgesellschaften formal der Überschuldungstatbestand als Insolvenzgrund weiterhin. Dieser kommt aber dann nicht zum Tragen, sofern das Unternehmen über eine positive Fortführungsprognose verfügt.
Zwar kann mit diesen und anderen Möglichkeiten die skizzierte insolvenzrechtliche Fragestellung gelöst werden. Die Bilanzstruktur des Unternehmens bleibt aber schlecht.
Hinzu kommt eine weitere Problematik: Ab einer vom Gesetzgeber definierten Größenklasse müssen Kapitalgesellschaften ihre (handelsrechtlichen) Jahresabschlüsse entweder (nur) hinterlegen oder komplett veröffentlichen. Dies bedeutet zwangsläufig, dass die Daten für Dritte zugänglich sind. Des Weiteren werden diese Jahresabschlüsse auch Finanzpartnern bewusst zur Verfügung gestellt oder von diesen angefordert, um eine entsprechende Kreditwürdigkeitsprüfung / Bonitätseinschätzung vorzunehmen.
Wir möchten diesen Beitrag gerne in eine bestimmte Richtung lenken: Auflösung von Pensionsrückstellungen an geschäftsführende Gesellschafter.
Ein paar Worte zum Hintergrund: Der Gesetzgeber verlangt klar und deutlich, dass sofern ein Unternehmen seinen Mitarbeitern Pensionszusagen gibt, die hieraus resultierenden Risiken als Verbindlichkeiten der Bilanz zu passivieren sind.
Auf diese Weise wird einem externen Bilanzleser klar angezeigt, dass Pensionsverpflichtungen bestehen. Ergänzend sei erwähnt, dass es sich bei dem passivierten Betrag um einen barwertigen Saldo handelt, der versicherungsmathematisch aufgrund der durchschnittlichen Lebenserwartung der Mitarbeiter sowie eines angenommenen Kapitalisierungszinsfußes ermittelt wird.
Vereinfacht lautet der Buchungssatz: per Personalaufwand an Rückstellungen.
Die Konsequenzen:
- Sofern Pensionszusagen gegeben werden, steigt auch das Fremdkapital in der Bilanz (Passivierungspflicht)
- Zudem erhöht sich der Aufwand des Unternehmens, was zwangsläufig einen geringeren Ertragsausweis zur Folge hat. In guten, wirtschaftlich starken Zeiten ist dieser Effekt höchst willkommen, da auf diese Weise Steuerzahlungen gespart werden können.
Die eigentliche Problematik besteht nun darin, dass der Gesetzgeber nicht explizit vorschreibt, dass auch entsprechende Kapitalbeträge zur Begleichung der Rückstellungen im Pensionsfalle hinterlegt werden müssen.
Sicherlich: Bonitätsmäßig starke Unternehmen sparen auch – parallel zu den Pensionszusagen – über Jahre entsprechende Beträge und legen diese an, so dass im Pensionsfalle die Pensionszahlung aus Cash-Beträgen generiert werden kann. Zwischenzeitlich wurde das HGB so modifiziert, dass im Bilanzausweis ein saldierter Ausweis, d. h. Verpflichtungen abzüglich der korrespondierenden Rückdeckungen, auszuweisen ist.
Sollte eine kontinuierliche Rückdeckung aber unterbleiben, sind die Pensionsverpflichtungen im Pensionsfall zwangsläufig aus dem laufenden Cashflow des Unternehmens zu begleichen. Dem Unternehmen wird folglich Liquidität aus dem laufenden Geschäftsprozess entzogen, die „Hände ringend“ für die Abwicklung des laufenden Geschäftsprozesses benötigt wird.
Wir halten fest: Die Bombe platzt also zeitversetzt.