Und wieder ist, meine sehr geehrten Damen und Herren, eine weitere Woche vergangen. In den zwei vorangegangenen Bausteinen haben wir bereits das Thema Working-Capital und seine Bedeutung für die Einschätzung der Kapitaldienstfähigkeit von Unternehmen thematisiert. Mit dem heutigen Beitrag möchten wir diese Thematik mit einem weiteren pragmatischen Beispiel abschließen.
Zudem werden wir ein betriebswirtschaftliches Fazit ziehen.
Beispiel 2:
Einem Produktionsunternehmen war es bisher möglich, im Schnitt 85 % seiner laufenden Aufträge – bzw. exakter – seiner laufenden Wertschöpfung durch Abschlagszahlungen seiner Kunden zu finanzieren. (Anmerkung: Bilanziell können Sie diese Quote einfach durch Division der erhaltenen Anzahlungen – Zähler – mit den unfertigen und fertigen Leistungen – Nenner – x 100 ableiten.)
Aufgrund eines zunehmenden Konkurrenzdrucks ist allerdings zu befürchten, dass künftige Aufträge mit für das Unternehmen schlechteren Zahlungsmodalitäten während der Projekterstellungsphase angenommen werden müssen.
Sollte sich die Rentabilität der künftigen Aufträge aber nicht verändern, würde dies dennoch für eine nach wie vor gute Ertragslage und damit einen nachhaltig guten Cashflow sprechen. Da die Kapitaldienstfähigkeitsberechnung nun mal an den Cashflow gekoppelt ist, ergäbe sich hier von der reinen Rechentechnik her praktisch keine Veränderung. Lassen Sie uns in diesem Fall nun das Working-Capital betrachten. Dadurch, dass die erhaltenen Anzahlungen bei unserem Beispiel zwar einen Großteil des kurzfristigen Fremdkapitals ausmachen und dieses bei der Working-Capital-Betrachtung vom Umlaufvermögen subtrahiert wird, erhöht sich zwangsläufig das Working-Capital selbst. Dieser Anstieg visualisiert – wie beim ersten Beispiel auch – einen erhöhten Finanzbedarf des Unternehmens. Dieser Effekt wäre bei einer rein mechanischen Berechnung der Kapitaldienstfähigkeit nicht bemerkt worden. Analog zu Beispiel 1 gilt auch hier, dass eine Kapitaldienstfähigkeit nachhaltig dann bejaht werden kann, wenn die Gegenfinanzierung eines perspektivisch steigenden Working-Capital als gesichert angesehen werden kann.
Anpassungsnotwendigkeiten der KDF-Berechnung durch MaRisk ab 01.01.2024
Lassen Sie mich abschließend noch kurz auf die letzte Novellierung der MaRisk eingehen, die ab 01.01.2024 umzusetzen war. Dort werden insbesondere für Großunternehmen folgende Punkte gefordert:
- Ableitung eines nachhaltigen Cashflows auf Basis einer zukunftsorientierten Betrachtung
- Die Kapitaldienstfähigkeit muss auch unter potenziell ungünstigen Bedingungen gegeben sein.
- Es ist eine Sensitivitätsanalyse durchzuführen.
- In die Beurteilung der Kapitaldienstfähigkeit ist auch eine Betrachtung des Gesamtkapitalumschlags einzubeziehen.
Dieser Gesamtkapitalumschlag ist letztendlich nichts anderes als eine Division der Gesamtleistung durch das Working-Capital. Sollte sich dieser Gesamtkapitalumschlag verschlechtern und das Unternehmen künftig mehr Liquidität benötigen, dann ist dies in der Kapitaldienstfähigkeit mitzuberücksichtigen.
Ein Fazit:
Festgehalten werden kann, dass zwar der Kapitaldienst dauerhaft über einen nachhaltigen Cashflow erbracht werden muss. In unserem Beitrag haben wir aber darauf hingewiesen, dass Cashflow nicht immer mit Cash gleichzusetzen ist. Eine nachhaltige Kapitaldienstfähigkeit eines Unternehmens kann folglich nur dann bejaht werden, wenn auch eine zukunftsorientierte Betrachtung des Working-Capital mitberücksichtigt wird.