Schön, dass Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, heute wieder mit dabei sind. Lassen Sie uns zunächst kurz den letzten Beitrag zum Thema Kreditwürdigkeitsprüfung von Unternehmen Review passieren. Wir führten aus, dass im Rahmen der Standardisierungsprozesse von Banken und Sparkassen immer wieder die Unternehmenshistorie beleuchtet wird. Ausgehend von den letzten Jahresabschlüssen eines Unternehmens wird eine Bonitätseinschätzung eines Unternehmens vorgenommen. Hieraus resultiert ein wesentliches Dilemma. Ein bloßes „kopieren und einfügen“ der Unternehmenshistorie als Indikator für die künftige Kreditwürdigkeit greift oftmals viel zu kurz.
Was sind denn nun die entscheidenden Faktoren, die für eine hohe Zukunftsfähigkeit von Unternehmen sprechen?
Im Wesentlichen sollte eine zukunftsorientierte Bonitätsanalyse die Einschätzung der künftigen Markt-, aber auch der künftigen Managementsituation inkludieren.
Faktor 1: Einschätzung der künftigen Marktsituation
Unter dem Stichwort „Markt“ möchten wir nicht nur die künftige Entwicklung am Absatzmarkt, sondern auch die Entwicklung des Beschaffungsmarktes inkludieren.
Betrachtung des Beschaffungsmarktes
Gerade die Einschätzung der künftigen Beschaffungsseite hat je nach Branche oder Unternehmenstyp in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen.
Dies betrifft nicht nur Themen rund um den Einkauf, wie beispielsweise Lieferketten/Lieferfähigkeit, Preisentwicklung, Abhängigkeiten usw., sondern vor allen Dingen auch die Rekrutierung der geeigneten Personalkapazitäten. Gerade der letzte Punkt wird in vielen Unternehmen sträflich vernachlässigt.
Immer wieder kommt es vor, dass die Geschäftsleitung „plötzlich“ feststellt, dass nächstes Jahr über 50 % eines Bereiches in den Ruhestand wechselt. Auch die Rekrutierung geeigneten Nachwuchses stellt Unternehmen – nicht nur im Handwerk – vor spürbare Herausforderungen. Unserer Ansicht nach resultieren aus dieser Problematik für die Bonitätseinschätzung zwei folgende Fragestellungen: Reichen die aktuellen, vom Unternehmen veranlassten Maßnahmen zur Personalrekrutierung aus, um einen dauerhaften Nachschub von ausreichend konditioniertem Personal sicherzustellen?
Werden im ausreichenden Maße organisatorische Prozesse im Unternehmen vorangetrieben, die eine adäquate Wertschöpfung, beispielsweise bei einem sich verändernden oder abnehmenden Personalbestand sicherstellen?
Allein der zweite Aspekt ist nicht zu unterschätzen. Selbst wenn sehr viele Ressourcen in die Personalrekrutierung und -fortbildung investiert werden, bleibt die Personalbeschaffung eine Herausforderung.
Frühzeitig gilt es daher zu überlegen, wie beispielsweise durch ein Überdenken der Kunden- und Produktstruktur, aber auch der Arbeitsprozesse wertvolle Personalressourcen gespart werden können. Aspekte wie Automatisierung und Digitalisierung könnten hier eine Triebfeder sein.
Ein großer betriebswirtschaftlicher Hebel dürfte aber darin liegen, künftig zielgerichtet nur noch die Kunden zu bedienen bzw. Produkte anzubieten, die künftig optimal mit den Wertschöpfungsprozessen des Unternehmens korrelieren. Dieser Aspekt dürfte damit einer der wesentlichen Parameter für einen künftigen Unternehmenserfolg und damit für die Bonitätseinschätzung sein.
Betrachtung des Absatzmarktes
Lassen Sie uns noch ein paar Aspekte zum Absatzmarkt fixieren. Wie bereits ausgeführt, sollte zu einer guten Bonitätseinschätzung auch die Einschätzung des künftigen Absatzmarktes eines Unternehmens gehören.
Unter diesem Aspekt ist zum einen der globale Rahmen zu subsummieren, in dem sich das Unternehmen künftig bewegen wird. Dies bezieht beispielsweise Positionen wie künftige Branchenentwicklung, politische Rahmenbedingungen, Entwicklung des Zinsniveaus, Einschätzung künftiger Nachfragetrends usw. ein.
Auf diese externen Faktoren hat ein Unternehmen nur sehr bedingt einen konkreten Einfluss.
Viel spannender ist allerdings die Frage, wie das Unternehmen mit diesen und anderen Faktoren künftig umgehen möchte. Die Einschätzung dieses „internen Marktes“, hier wiederum der künftigen Marketingbemühungen, hat damit einen entscheidenden Einfluss auf die Kreditwürdigkeitsprüfung.
Unserer Ansicht nach gilt es, die vier bekannten Parameter einer wirkungsvollen Marketingstrategie einzuschätzen:
- Mit welchen produktpolitischen Maßnahmen soll die Unternehmenszukunft gestaltet werden?
- Wie kann durch einen leistungsfähigen Vertrieb der künftige Absatz sichergestellt werden?
- Mit welchen kommunikationspolitischen Maßnahmen wird den Herausforderungen der Zukunft begegnet?
- In welchem Umfang sind welche preispolitischen Maßnahmen künftig erforderlich?
Ein dauerhafter Unternehmenserfolg ist kein Zufallsprodukt. Dies hängt maßgeblich an den o. a. Aspekten, die praktisch kontinuierlich an die neuen Herausforderungen des Marktes anzupassen sind.
Die zweite, zentrale Frage lautet: Wie ist die künftige Leistungsfähigkeit des Managements einzuschätzen? Dies erfahren Sie im nächsten Beitrag.