In der letzten Zeit wurden wir, meine sehr geehrten Damen und Herren, des Öfteren mit der Bitte konfrontiert, ob wir nicht einige Beiträge zum Thema Bilanzkennzahlen publizieren könnten.
Dieser Bitte möchten wir mit dieser und einigen weiteren Folgen nachkommen.
Zur besseren Chronologie beginnen wir einfach mit der Aktivseite.
Eine der „Brot- und Butterkennzahlen“ ist die sogenannte Anlagendeckung. Um diese Kennzahl richtig interpretieren zu können, möchten wir zunächst einmal einige Worte zum Thema fristenkongruente Finanzierung fixieren.
Die Vermögensseite (Aktiva) eines Unternehmens ist handelsrechtlich so gegliedert, dass Vermögensgegenstände, die im Unternehmen unter dem Aspekt einer langfristigen „Haltungsabsicht“ zur Verfügung stehen, auf der Aktivseite oben angeführt werden. Diese Positionen werden unter dem Anlagevermögen subsummiert. Die Fristigkeit der Haltedauer nimmt in der Bilanz von oben nach unten ab. Dies ist auch der Grund dafür, dass die liquiden Mittel unten auf der Aktivseite ausgewiesen werden.
Die Passivseite greift den Aspekt der Fristigkeit nicht mit der identischen Stringenz auf. Eigenkapital, langfristige Rückstellungen sowie Darlehen werden allgemein betriebswirtschaftlich eine längere, bzw. zum Teil dauerhafte Finanzierungsfunktion zugeschrieben.
Eine fristenkongruente Finanzierung bedeutet nun, dass Anschaffungen, die einem Unternehmen für einen längeren Zeitraum als Vermögen dienen, auch über diesen Zeitraum refinanziert werden. Nehmen wir beispielsweise einmal an, dass ein betrieblich genutzter PKW angeschafft und betriebswirtschaftlich über 6 Jahre abgeschrieben werden soll. Eine optimale Finanzierung dieses PKWs wäre dann so darzustellen, dass eine korrespondierende Darlehensfinanzierung auch auf eine Tilgungsdauer von 6 Jahren ausgelegt ist. Betriebswirtschaftlich wird folglich die Annahme getroffen, dass durch den produktiven Einsatz des PKWs die jährlichen Abschreibungsbeträge auch verdient und damit zu Rückführungen der Darlehenssummen verwendet werden können.
Genau diesen Aspekt greift die Kennzahl Anlagendeckung auf.
Die Anlagendeckung spiegelt das Verhältnis zwischen langfristigen Finanzierungsquellen (Eigenkapital + langfristiges Fremdkapital) und der langfristigen Kapitalbindung (Anlagevermögen) wider. Sie ist wie folgt definiert:
Lassen Sie uns dies kurz grafisch visualisieren. Wenn die Summe des Anlagenvermögens in der Bilanz auf der Aktivseite genauso hoch ist wie die Summe des Eigenkapitals zzgl. der Summe des langfristigen Fremdkapitals, dann wäre das langfristig gebundene Kapital optisch langfristig gegenfinanziert.
Die Kennzahl Anlagendeckung würde jetzt exakt 100 % ausweisen. Natürlich stellt auch diese Betrachtung eine Fiktion dar. Es werden lediglich die Euro-Beträge auf beiden Seiten miteinander verglichen. Welche Restnutzungsdauer aus dem Anlagevermögen nun resultiert bzw. welche Tilgungsverpflichtungen für welche Laufzeiten nun vorliegen, werden in der reinen Berechnung der Kennzahl nicht berücksichtigt. Lediglich die Euro-Beträge sind maßgeblich.
Eine Anlagendeckung in Höhe von 100 % stellt eine betriebswirtschaftliche Mindestanforderung dar.
Optimal wäre es, wenn die langfristigen Passiva über dem auf der Aktivseite gebundenen langfristigen Kapital liegen würden. Grafisch würde sich dieser Sachverhalt wie folgt darstellen:
Rechnerisch ergäbe sich nun eine Anlagendeckung von über 100 %.
Warum ist eine Anlagendeckung größer 100 % positiv zu bewerten?
Die Antwort auf diese Frage lesen Sie im nächsten Beitrag.