Wir hätten auch nicht gedacht, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass die Bilanzkennzahl Anlagendeckung Stoff für drei Blockbeiträge bietet. Aber: Die Reaktionen zeigen uns: Es hat sich gelohnt, hierüber zu sprechen.
Nachdem wir im ersten Beitrag die Grundlagen der Anlagendeckung erläutert sowie im zweiten Beitrag die Hintergründe einer Anlagendeckung über 100 % bzw. unter 100 % ausgeführt haben, möchten wir im dritten, letzten Beitrag darüber sprechen, wie sich die Anlagendeckung beim Negativ-Kapital verhält und wie diese zu interpretieren ist.
Sonderfall Negativ-Kapital
Sollte die Schuldensituation eines Unternehmens das Vermögen übersteigen, so ergibt sich ein Negativ-Kapital. Ursächlich für einen negativen Kapitalausweis sind in aller Regel gewinnübersteigende Entnahmen oder aber eine unzureichende, oftmals defizitäre Ertragslage. Oftmals kann eine solche betriebswirtschaftlich negativ zu bewertende Unterkapitalisierung nicht kurzfristig wieder ausgeglichen werden. Vor diesem Hintergrund wäre eine mittel- bis langfristige „Refinanzierung“ dieses Unterkapitals geboten.
Genau vor diesem Hintergrund wird die Kennzahl Anlagendeckung dann so modifiziert, dass das negative Eigenkapital als gedankliche langfristige Kapitalbindung im Nenner zum Anlagevermögen addiert und nicht im Zähler vom langfristigen Fremdkapital subtrahiert wird.
Die auf diese Weise modifizierte Anlagendeckung stellt sich dann betriebswirtschaftlich wie folgt dar:
Was ist noch bei der Anlagendeckung zu beachten?
Neben den bereits skizzierten Faktoren hat die Branchenzugehörigkeit sowie das Geschäftsmodell einen sehr großen Einfluss auf die Aussagekraft dieser Kennzahl. Sollte ein Unternehmen alleine schon von seinem Geschäftsmodell her nur in einem sehr geringen Umfang Anlagevermögen benötigen oder aber den überwiegenden Teil des Anlagevermögens über Leasing finanziert haben, so ist die Anlagendeckung betriebswirtschaftlich ohne große Aussagekraft. Bereits ein überschaubares Eigenkapital würde dann in aller Regel ausreichen, um eine Anlagendeckung von mehreren 100 % auszuweisen.
Festzuhalten ist daher, dass die Aussagekraft der Kennzahl Anlagendeckung folglich mit zunehmender Anlagenintensität steigt.
So weisen Top-Unternehmen im produzierenden Bereich eine Anlagendeckung von über 150 % aus.
Insgesamt stellt die Anlagedeckung eine gute erste Indikation bzgl. der Fristigkeit einer Bilanz dar. Grundsätzlich gilt: Je höher die Anlagendeckung ist, desto langfristiger und damit besser ist ein Unternehmen refinanziert.