Wie immer freuen wir uns, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass Sie heute wieder mit dabei sind.
Bereits im ersten Teil unserer Erläuterung der Bilanzkennzahl „Quote Unterlegung“ haben wir den grundsätzlichen Zusammenhang zwischen unfertigen und fertigen Arbeiten auf der Aktivseite eines Unternehmens sowie den Abschlagszahlungen/erhaltenen Anzahlungen auf der Passivseite erläutert. Im heutigen, zweiten Teil der Erläuterung dieser Bilanzkennzahl erfahren Sie, wie die Unterlegungsquote auch ggf. zur Beurteilung der Validität der unfertigen und fertigen Arbeiten herangezogen werden kann.
Bekanntermaßen ist die Bewertung der unfertigen und fertigen Erzeugnisse mit hohen Unsicherheiten behaftet. Je nach Unternehmensstruktur kann es vorkommen, dass ein Großteil der Bonitätseinschätzung eines Unternehmens letztendlich von der Validität dieser Position abhängt.
Die erhaltenen Anzahlungen, d. h. Abschläge, werden bei vielen Unternehmen erst dann verbucht, wenn der Geldeingang auf den Konten der Unternehmen zu verzeichnen ist. Dass Geld bei der Bank eingegangen ist, ist zudem eine nicht widerlegbare Tatsache, die objektiv messbar ist. Diese erhaltenen Anzahlungen sind auf der Passivseite als Verbindlichkeiten auszuweisen, wenngleich diese nach den letzten Reformen des HGBs den endgültigen Jahresabschluss mit den korrespondierenden unfertigen und fertigen Erzeugnissen zu saldieren sind. Dennoch: Selbst bei einer Saldierung sind die Einzelbeträge aus der Kommentierung des Jahresabschlusses ersichtlich.
Wie bereits ausgeführt, lässt sich aus der Relation zwischen den vom Unternehmen erhaltenen Anzahlungen sowie den unfertigen und fertigen Erzeugnissen die folgende Unterlegungsquote ableiten:
Diese Quote gibt letztendlich an, mit wie viel Prozent die unfertigen und fertigen Arbeiten durch Abschlagszahlungen hinterlegt bzw. gedeckt sind. Diese Quote kann im Trendverlauf zur Beurteilung der Bilanz, aber auch der Liquiditätslage eines Unternehmens herangezogen werden.
Eine gute Unterlegungsquote von beispielsweise 85 % bedeutet einerseits, dass lediglich 15 % der bereits erbrachten Leistungen noch vorzufinanzieren sind. Der Kontokorrentbedarf dürfte folglich entsprechend überschaubar ausfallen (natürlich abhängig von der Projektgröße). Wenn die Zahlung an den Leistungsfortschritt gekoppelt ist, dann bedeutet dies zwangsläufig auch, dass ein Unternehmen zunächst eine Leistung erbringen muss, ehe es die Abschlagsrechnung erstellen kann. Eine Quote unter 100 % ist folglich der Regelfall.
Betriebswirtschaftlich spannend ist insbesondere die Betrachtung der Quote im Zeitablauf. Wenn sich die Quote im Zeitablauf nicht ändert, dann kann dies verschiedene Ursachen haben:
Dies könnte dafür sprechen, dass sich die Markt- und Zahlungsbedingungen im Trendvergleich nicht geändert haben. Dies wäre positiv zu bewerten.
Die Quote kann aber auch einen Rückschluss auf die Bewertungsmodalitäten der unfertigen und fertigen Arbeiten zulassen. Diese Aussage trifft in zweierlei Richtungen zu. Die Quote von 85 % signalisiert eher eine vergleichsweise konservative Bewertung der unfertigen und fertigen Erzeugnisse, denn: Würden die unfertigen und fertigen Erzeugnisse sehr progressiv, d. h. sehr hoch bewertet (bei gleichen Vertragsbedingungen mit dem Auftraggeber), würde die Unterlegung zwangsläufig sinken, da der Auftraggeber aus seiner Sicht erst bei einem nach wie vor unveränderten vertraglichen Leistungsstand zahlen wird. Eine schlechte Unterlegungsquote könnte folglich auch ein Signal für eine progressive Bewertung sein. Die andere Zielrichtung ist gleichfalls sehr wesentlich. Sollten sich die Bewertungsmodalitäten im Zeitablauf geändert haben, würden sich auch die Quoten spürbar nach oben oder unten entwickeln. Ein konstanter Quotenverlauf in den letzten Jahren signalisiert daher eher eine Kontinuität in der Bewertung. Auch dies wäre positiv zu sehen.
Natürlich gilt auch hier, dass sämtliche Indikationen aus den bilanziellen Verhältnissen auch zu einer Fehlinterpretation führen können. Eine Kombination von vielen Aspekten im Rahmen der Bilanzanalyse, wie beispielsweise Lagerdauer, Unterlegungsquote der unfertigen und fertigen Erzeugnisse sowie Entwicklung des Deckungsbeitrags II, können schon klare Signale aussenden, die dann von dem Bilanzlesenden entsprechend zu interpretieren sind.
Wie Sie diese Quote auch zur Verifizierung/Verprobung des unterjährigen DATEV-Datenmaterials verwenden können, das erfahren Sie in einer nächsten Folge.