Im letzten Beitrag führten wir aus, dass im ersten Schritt eine konstruktiv/kritische erste Sichtung der Zahlen die Basis für ein belastbares Urteil darstellt. Wie heißt es doch so schön: Wer lesen kann, ist klar im Vorteil.
In diesem Beitrag möchten wir den nächsten Stepp vorstellen.
Schritt 2: Beurteilung der Ertragskraft / Gewinn- und Verlustrechnung
Wir möchten diesen Schritt einmal pragmatisch angehen. Hohe, steigende Gewinne sind betriebswirtschaftlich zu begrüßen, geringe Erträge oder sogar Verluste signalisieren deutlich: Hier besteht Handlungsbedarf.
Mit dieser simplen, aber doch zutreffenden Erkenntnis wollen wir nun gemeinschaftlich einmal das berühmte Pferd von hinten aufzuräumen.
Betrachtung der Unternehmensergebnisse
- Schauen Sie zunächst einmal auf das Unternehmensergebnis und die Entwicklung der letzten Jahre. Im Fokus sollte hierbei zum einen das absolute Ergebnis als Eurobetrag aber auch der prozentuale Wert in Relation zur Gesamtleistung stehen. Letzteres wird oftmals als Umsatzrentabilität bezeichnet.
- Bilden Sie auch einmal ein Durchschnittsergebnis der letzten fünf Jahre, absolut, aber auch relativ.
- Sind Sie mit den Erträgen zufrieden?
- Weist die Ertragslage eine steigende, sinkende oder schwankende Tendenz auf?
- Kann die Rentabilität im Branchendurchschnitt befriedigen?
- Antworten auf solche und ähnliche Fragen helfen Ihnen, eine Ertragslage einschätzen zu können.
Betrachtung der Betriebsergebnisse
- Überlegen Sie danach einmal, ob die jeweiligen Jahresergebnisse nicht durch Faktoren beeinflusst worden sind, die nicht jedes Jahr vorkommen.
- Beispiele hierfür wären ein lukrativer Verkauf von Anlagevermögen oder aber ein Rechtsstreit, den Sie nach mehreren Jahren endlich gewonnen haben.
- Diese beiden Faktoren erhöhen zwar Ihr Unternehmensergebnis, haben aber mit der wirtschaftlichen Tätigkeit Ihres Unternehmens nichts zu tun.
- Wenn Sie dieses ergebniserhöhende und ergebnissenkende Faktoren herausrechnen, gelangen Sie zum sogenannten Betriebsergebnis. Dieses Ergebnis ist auf Dauer die entscheidende Größe und dort sollte auch der Fokus Ihrer Betrachtung liegen. Die bereits skizzierten Fragen gelten hier selbst verständlich analog.
Angemessenheit
Stellen Sie sich des Weiteren die Frage, inwieweit Positionen, die die Gesellschafter bzw. Unternehmer betreffen, als angemessen in den Zahlen angesehen werden können.
So können Sie beispielsweise bei einer Kapitalgesellschaft als geschäftsführende Gesellschafterin bzw. Gesellschafter durch die Höhe Ihres Gehaltes das Ergebnis maßgeblich beeinflussen. Gleiches gilt auch für Pachtaufwendungen, die oftmals in den Privatbereich fließen.
Das Kriterium der Drittvergleichsfähigkeit hilft Ihnen hierbei zu einer objektiven Einschätzung. Bei Personengesellschaften sollte gedanklich hier auch das Entnahmeverhalten der Gesellschafter mitberücksichtigt werden, auch wenn dies zunächst keinen Einfluss auf das Ergebnis innerhalb der Gewinn- und Verlustrechnung hat.
Der zweite Blick
Nach dieser Ersteinschätzung ist es dann sinnvoll, die Gewinn- und Verlustrechnung von oben nach unten im Trendvergleich über die Positionen
- Entwicklung der Gesamtleistung (Schlagwort Markt),
- Entwicklung des Rohertrages (Stichwort Marge),
- Entwicklung des Deckungsbeitrages II (Stichwort Produktivität) über die Entwicklung der Sachaufwendungen (Schlagwort Kosten) bis hin zur
- Entwicklung der Ergebnisse (Schlagwort Rentabilität)
im Detail durchzugehen. Durch ein solches Raster finden Sie wertvolle Erkenntnisse, warum sich das Ergebnis in der angedruckten Form entwickelt hat.
Eindeutiges Votum
Wichtig: Treffen Sie eine klare Einschätzung, ob Sie die Ertragslage als gut oder sehr gut bzw. schlecht oder sehr schlecht einschätzen. Begründen Sie vor allen Dingen, warum Sie zu dieser Einschätzung gelangen.
Sie haben Spaß an der Bilanzanalyse geworden? So soll es sein. Die Schritte drei und vier erläutern wir Ihnen gerne in den nächsten Beiträgen.