Wie war das noch gleich? Bilanzanalyse in vier Schritten und heute bereits den dritten Teil? Dann geht es mit diesem Beitrag so langsam auf die Zielgerade.
Lassen Sie uns zunächst einmal die ersten beiden Schritte kurz zusammenfassen.
Unser Credo war: Schauen Sie zunächst im Rahmen einer ersten Sichtung einmalig den kompletten Jahresabschluss durch, um so ein „Gefühl für die Zahlen“ zu erhalten. (Schritt eins) Die eigentliche Analyse wird in einem zweiten Schritt beginnen, indem wir die Ertragskraft Ihres Unternehmens, d. h. die Gewinn- und Verlustrechnung thematisiert haben.
Heute geht es mit Schritt drei d. h. der Beurteilung der bilanziellen Verhältnisse weiter.
Wesensmerkmale der Bilanz
Was drückt noch gleich die Bilanz aus? Es war eigentlich nur eine Gegenüberstellung von Vermögen (Aktivseite) und Verbindlichkeiten (Passiva) zu einem Stichtag.
Sollte das Vermögen des Unternehmens höher als Verbindlichkeiten sein, so ergibt sich eine positive Differenzgröße, das Eigenkapital. Dieses Eigenkapital wird in der Bilanz rechts oben ausgewiesen.
Betrachtung des Eigenkapitals
Auch wenn das Eigenkapital sicherlich kein objektiver Bewertungsmaßstab für die Bonität eines Unternehmens ist, so sollte es dennoch zur Beurteilung herangezogen werden.
Der erste Blick ist daher immer: Wie viel Eigenkapital wird in der Bilanz ausgewiesen? Aus welchen juristischen Gegebenheiten bzw. Komponenten sich nun das Eigenkapital zusammensetzt, ist für die pragmatische Bilanzanalyse eher zweitrangig. Betrachten Sie vielmehr die absolute Summe sämtlicher Eigenkapitalpositionen sowie die Eigenkapitalquote.
Diese Bilanzkennzahl stellt nichts anderes als das Eigenkapital im Verhältnis zur Bilanzsumme dar. Die Höhe diese Eigenkapitalquote ist, desto stabiler ist die Bilanz eines Unternehmens. Gute Unternehmen weisen eine Eigenkapitalquote von deutlich über 30 % aus.
Betrachtung der Fristigkeit
Richten Sie Ihren zweiten Blick im Rahmen der Bilanzanalyse auf die Fristigkeit.
Hinter diesem Stichwort steckt die betriebswirtschaftliche Überlegung, dass langfristige Vermögensgegenstände auch langfristig gegenfinanziert werden sollten.
Die langfristigen Vermögensgegenstände eines Unternehmens sind im Anlagevermögen aktiviert.
Als langfristige Passiva stehen im Unternehmen das Eigenkapital sowie das langfristige Fremdkapital Verfügung. Beim überwiegenden Teil der mittelständischen Unternehmen dürfte das langfristige Fremdkapital wiederum weitestgehend aus Darlehen bestehen.
Stabile Bilanzen bonitätsstarker Unternehmen zeichnen sich dadurch aus, dass auf der Passivseite mehr langfristige Finanzierungspositionen vorhanden sind, als zwingend zur Finanzierung des Anlagevermögens gebraucht werden. Diese positive Differenz kann dazu verwendet werden, eine sogenannten Bodensatzfinanzierung (Debitoren) sowie Vorräte langfristig zu finanzieren.
Je höher diese Differenz ist, desto besser, d. h. stabiler steht die Bilanz da.
Kennzahl Anlagendeckung
Genau dieser Umstand wird durch die Kennzahl Anlagendeckung abgebildet. Sie ist definiert als Eigenkapital plus langfristiges Fremdkapital/Anlagevermögen multipliziert mit 100
Natürlich kann eine solche Kennzahl nur dann als betriebswirtschaftlich belastbar angesehen werden, wenn ein Unternehmen auch über nennenswertes Anlagevermögen verfügt.
Sollte Ihr Unternehmen eine Anlagendeckung von deutlich über 100 %, ja vielleicht sogar einen darüberhinausgehenden Trend aufweisen, so spricht dies für eine gute Fristigkeit.
Beurteilung der Chancen und Risiken
Auch hier sind alle guten Dinge drei. Nehmen Sie abschließend eine Wertung der wesentlichen Aktiva bzw. Passiva Ihres Unternehmens vor.
Berücksichtigen Sie hierbei, dass die Bilanz Ihnen nicht die tatsächlichen Vermögenswerte bzw. Schulden, sondern lediglich die Buchwerte ausweist.
Ziel jeder Bilanzanalyse sollte es daher sein, zumindest eine erste Indikation darüber zu erhalten, ob die Verkehrswerte wesentlicher Aktiva spürbar über den jeweiligen Buchwerten liegen.
Bei den Passiva gilt die umgekehrte Überlegung, wobei sich die skizzierte Thematik primär auf der Bewertungsansatz der Rückstellungen beschränken dürfte.
Stille Reserven / Stille Lasten
In beiden Fällen wird im Fachjargon von stillen Reserven gesprochen. Für die Bilanzanalyse gilt: Je höher die stillen Reserven, also das „Speck“ in der Bilanz ist, desto besser wird die Bonitätseinschätzung.
Leider kann es aber auch vorkommen, dass in der Bilanz Buchwerte erscheinen, die (bei den Aktiva) deutlich über den Verkehrswerten liegen. Auch diese stillen Lasten müssten dann in einem Bilanzurteil berücksichtigt werden.
Abschließende Wertung
Neben der Thematik empfehlen wir Ihnen, eine Art Chancen-/Risikoprofil für die Bilanz zu erstellen.
Je mehr positive Indikatoren Sie finden (zum Beispiel stille Reserven, hohe liquide Mittel, geringe kurzfristige Verschuldung, hoher Produktivitätsanteil im Anlagevermögen, werthaltige Debitoren, keine „Klumpenrisiken“ usw.), desto besser sind die bilanziellen Verhältnisse.
Manche Weisheiten gelten auch heute noch: Die gute Bilanz ist in der Regel deutlich besser. (Leider gilt dies Weisheit auch in umgekehrte Richtung…)
So, meine sehr verehrten Damen und Herren, nun haben wir auch Schritt drei erfolgreich thematisiert. Jetzt geht es zum Endspurt zu Schritt vier, der Einschätzung der Liquidität.
Wie das geht? Freuen Sie sich einfach auf den nächsten Beitrag.