Ich darf, meine sehr verehrten Damen und Herren, direkt in medias res gehen? Vielen Dank hierfür. In der letzten Folge haben wir das Thema Lieferkettenprobleme“ thematisiert und Ihnen fünf praxisbewährte Tipps gegeben, wie Sie sich der Thematik professionell stellen können. Diese Tipps möchten wir mit folgenden, weiteren Hinweisen erweitern.
- Implementieren Sie einen regelmäßige Lieferantendialog
- Durch Implementierung eines regelmäßigen Lieferantendialoges sollte es möglich sein, sehr frühzeitig zu erfahren, wann für welche Chargen Lieferprobleme drohen. Partner, mit denen Sie seit Jahren erfolgreich zusammenarbeiten, sollten Sie sowieso aus Eigeninteresse heraus regelmäßig informieren.
- Wir empfehlen Ihnen aber, das Passive „Wir werden informiert“ in ein Aktives „Wie sieht es mit den zugesagten Lieferterminen aus?“ umzuwandeln. Lieferanten, die ihre Lieferantenketten sehr gut kennen, haben oftmals ein gutes Gespür dafür, wann mit der Lieferung frühestens gerechnet werden kann. Diese Signale „zwischen den Zeilen“ gilt es aufzufangen.
- Ein geschäftsführender Gesellschafter eines großen Mandanten hat uns gegenüber hierzu artikuliert „Die Beziehungspflege mit den Lieferanten ist heute wichtiger als die mit den Kunden. Die Kunden kann ich mir zurzeit am Markt fast aussuchen. Die Schlüssellieferanten aber nicht.“
- Reservieren Sie Produktionskapazitäten / Ordern Sie ausreichend dimensionierte Mengen
- Jahrelang dominierten Schlagworte, wie „Lean-Management“ oder „just-in-time“ die Betriebswirtschaftslehre. Die aktuelle Situation zwingt zu einer gegenteiligen Vorgehensweise. Frühzeitig ausreichend hohe Produktionskapazitäten bunkern bzw. ausreichend hohe Lagerbestände ordern. Aber Vorsicht: Diese Strategie ist nicht ohne Risiko und bindet zudem zusätzliches Kapital. Je nach Entwicklung der Einkaufspreise kann in einem solchen Vorgehen ein großer Segen, aber auch ein nennenswerter Fluch liegen. Dies wissen Sie leider erst hinterher.
- Checken Sie vor allem Ihre Liquiditätsressourcen ab. Wenn Sie hierdurch Ihre freien Kontokorrentlinien zu einem Großteil blockieren, dann bleibt keine Luft mehr, Unvorhergesehenes aufzufangen. Wie lange dieser Beschaffungszustand andauert, ist unserer Ansicht nach nicht absehbar.
- Achten Sie auf ausreichende finanzielle Ressourcen
- Wir empfehlen Ihnen, aus der Sicht einer vorsichtigen Kauffrau oder eines vorsichtigen Kaufmanns eher von einer mittelfristigen erhöhten Kapitalbindung auszugehen. Diese wäre dann fristenkongruent entweder über eine Aufstockung der Kapitaleinlagen oder aber adäquate Bankfinanzierungen (Darlehen) abzudecken.
- Die Strategie einer erhöhten Bevorratung sollte daher unbedingt mit den Gesellschaftern, aber auch mit den Hausbanken im Vorfeld abgestimmt werden.
- Implementieren Sie wöchentliche Team-Meetings
- Ein regelmäßiger Austausch mit den Projektverantwortlichen schadet auch in normalen Zeiten nie. Die Bedeutung solcher kurzen, aber „knackigen“ Treffen hat aufgrund der besonderen gesamtwirtschaftlichen Umstände exponentiell zugenommen.
- Je früher Bereich A von Bereich B Informationen bzgl. eines geänderten Projektablaufs erhält, desto früher können gemeinschaftliche Lösungsansätze gesucht werden.
- Auch Ihre Kunden sind Ihnen sicherlich sehr dankbar, wenn Sie frühzeitig über zeitliche Änderungen ggf. auch Lieferverspätungen, aber auch optimalerweise über alternative Lösungsmöglichkeiten informiert werden. Der Mehrwert für Ihre Kunden kann beispielsweise darin bestehen, dass Sie zwar Produkt A nicht liefern können, Produkt B aber verfügbar ist.
- Ähnlich verhält es sich auch bei komplexen Gewerken, die beispielsweise nach Rücksprache und Genehmigung Ihres Kunden entweder in leicht veränderter Form oder aber mit einer fehlenden Eigenschaft fertiggestellt werden. Gegebenenfalls können diese dann zu einem späteren Zeitpunkt nachgerüstet werden. Wenn dafür aber der Liefertermin gehalten werden kann, dürfte das für Ihre Abnehmer durchaus eine tragbare Alternative sein.
Sicherlich wird es keine Patentlösung geben, um die aktuellen Herausforderungen bezüglich Termintreue und Lieferketten zu lösen. Unsere betriebswirtschaftlichen Tipps visualisieren aber, dass Sie sehr wohl über Behandlungsoptionen verfügen, die negativen wirtschaftlichen Auswirkungen für Ihr Unternehmen zu minimieren oder im Optimalfall sämtliche Herausforderungen zu meistern.
Einmal mehr gilt: Agieren ist besser als reagieren.