Das „Lieferando -Problem“ – oder: die Tücken der digitalen Vertriebsplattformen.
Mögen Sie Pizza? Kennen Sie Lieferando? Vor längerer Zeit haben wir bereits einige Beiträge zum Thema „Vapiano“ veröffentlicht. Damals ging es um die Problematik typischer Schwachstellen, die bei Unternehmen in Wachstumsphasen entstehen können. Vapiano war hierbei ein leuchtendes Beispiel, aber leider auch kein Gutes
Lassen Sie uns heute, meine sehr verehrten Damen und Herren, einmal über den „Lieferando-Effekt“ sprechen.
Wer kennt diese orangefarbenen Rucksäcke nicht, die ständig per Fahrrad durch die Städte düsen.
In den letzten Jahren haben sich einige Online-Plattformen etabliert, die – beispielsweise in der Gastronomiebranche – Essen für die Gastronomen gegen Entgelt ausliefern.
Das Problem hierbei: Die Betreiber der Plattformen übernehmen nicht die reine Dienstleistung der Auslieferung, sondern fungieren vielmehr als Marketing- und Vertriebsplattform.
Die Kunden bestellen ihr Essen über diesen Anbieter und nicht direkt bei den Produzenten, d. h. dem Gastronomiebetrieb.
Die Anzahl der Gastronomiebetriebe, die sich dieser großen Plattform anschließen, ist in den letzten Jahren deutlich gewachsen.
Die Corona-Pandemie brachte einen weiteren Schub an Kooperationspartnern.
Klar: Wenn die Gastronomie selbst keine Umsätze generieren kann, dann bleibt nur ein Außer-Haus-Verkauf.
Die Change: Neukundengewinnung
Die Aussicht, über diese Plattformen neue Kunden und damit neuen Umsatz zu generieren ist sehr verlockend.
Die eigene Homepage kann in aller Regel nicht die Zugriffszahlen und Bestellungen aufweisen, wie sie durch große Anbieter generiert werden können.
Sie ahnen, wo das Problem liegen könnte?
Wenn hier und da ein Gericht über einen solchen Anbieter vertrieben wird, ist es ein Zusatznutzen für den Gastronomen und ein zusätzlicher Deckungsbeitrag.
Wenn das Nachfragevolumen aber im zunehmenden Maße – ja vielleicht sogar fast ausschließlich – über solche Plattform generiert wird, dann wird es schwierig.
Das Problem: Die Marktmacht der Anbieter
Die Marktmacht, die diese Plattformen mittlerweile erreicht haben, zeigt sich in einem hohen Provisionierung.
Jede Bestellung, die über eine dieser Plattformen getätigt wird, generiert einen Ertrag beim Plattformbetreiber. Und wer muss die Zeche zahlen? Natürlich das angeschlossene Unternehmen, d. h. der Gastronomiebetrieb.
Die Provisionssätze dürften, so unsere Vermutung, deutlich über 10 % des Verkaufspreises liegen. Ein Großteil der öffentlich zugänglichen Quellen sprechen von mindestens 13% , in der Spitze sogar bis zu 30 %.
Sicherlich werden Sie jetzt denken: Warum buchen die Kunden nicht direkt auf der Homepage des Gastronomiebetriebes?
Nun: Dafür muss die spezielle Homepage erst einmal im Internet gefunden werden. Der Aufwand, der betrieben werden muss, um für die Kunden leicht findbar zu sein ist sehr hoch.
Auch elektronische Marketingkampagnen schlagen sehr schnell mit hohen Beträgen zu Buche. Ein kleines Unternehmen wird damit mit seiner Homepage nie die Reichweite und die Zugriffszahlen erzielen können, wie es die großen Plattformen ermöglichen.
Genau das verleitet ja die Unternehmen, sich solchen Plattformen anzuschließen.
Es gilt auch weiter: In großen Ballungszentren sind folglich sehr viele Gastronomen in solchen Plattformen vertreten. Das Gastronomieunternehmen hat folglich nur dann eine Chance sehr schnell von potenziellen Kunden gefunden zu werden, wenn seine Produkte weit oben auf der Plattform gelistet werden.
Diesen Effekt sehr verehrten Damen und Herren kennen Sie von allen elektronischen Plattformen. Machbar ist alles, aber: Die Provisionierung hierfür steigt entsprechend, der Ertrag für den Gastronomen sinkt
Die Quintessenz:
Elektronische Vertriebsplattformen sind eine Möglichkeit weiteren Umsatz und damit zusätzlichen Deckungsbeitrag zu generieren.
Sollte aber -wie in der aktuellen Extremsituation – der Umsatz nahezu ausschließlich hierüber erfolgen, wird es hinsichtlich der Kalkulation meistens sehr schwierig.
Die betriebswirtschaftliche Falle
Jedes Unternehmen soll sich dann selbstkritisch die Frage stellen, ob der Nutzen eines solchen Vertriebskanals tatsächlich auf Dauer überwiegt.
Die Falle schlägt aber dann zu, wenn durch eine zunehmende Verlagerung der Nachfrage aus elektronischen Plattformen die Stammkunden des Betriebes vernachlässigt werden, Servicequalität entsprechend sinkt. Wenn dennoch die bestehenden Lokalitäten und der alte Personalstamm gehalten wird, dann ist der betriebswirtschaftliche Schaden fast vorprogrammiert.
Können Sie als Gastronom auch dabei gewinnen?
Ja, können Sie, und zwar in zwei Varianten:
- Wenn es Ihnen gelingen sollte die Kunden davon zu überzeugen, die weiteren Bestellungen oder Käufe direkt bei Ihnen zu tätigen dann, ja dann müsste es möglich sein, über solche Plattformen tatsächlich dauerhaft neue Stammkunden zu gewinnen, wie Sie sie ohne ein solches elektronisches Medium nie gewonnen hätten. Dann rechnet sich auch ein „hohes Eintrittsgeld“ für die ersten Lieferungen, die auf Vermittlung der Plattform erfolgen
- Eine andere Alternative kann darin bestehen, dass sich die Unternehmen ausschließlich auf einen solchen Online Vertrieb ausrichten. Dies bedeutet schmale Kosten mit einer hohen Effizienz d. h. großen Output. Auch bei einer solch konsequenten, auf Effizienz ausgerichteten Produktion dürfte perspektivisch, ein entsprechendes Nachfragevolumen voraussetzt, eine nachhaltige Rentabilität erzielbar sein.
Fazit: Die Mischung machts