Schön, dass Sie auch bei diesem Beitrag wieder dabei sind. In den letzten beiden Beiträgen haben wir bereits uns ausführlich mit dem Thema Rückstellungen beschäftigt. Zudem haben wir praktische Tipps aufgezeigt, wie Sie als Serienproduzent einen Rückstellungsbetrag quantifizieren können, der auch das tatsächlich in Ihrem Unternehmen vorhandene Risiko betriebswirtschaftlich korrekt wiedergibt.
Diese Vorgehensweise können Sie grundsätzlich für alle Unternehmen verwenden, die mit Gewährleistungs-/Garantieansprüchen zu tun haben.
Wenn Ihr Unternehmen primär aber größere Aufträge abarbeitet, d. h. ein klassisches Projektgeschäft betreibt, dann ist unserer Ansicht nach eine solche Vorgehensweise nicht zielführend.
Um die Thematik Gewährleistungsrückstellungen trotzdem optimal und damit betriebswirtschaftlich korrekt in Ihren Zahlen abzubilden, geben wir Ihnen gerne folgende betriebswirtschaftliche Tipps:
- Führen Sie tabellarisch sämtliche Großaufträge in einer zentralen Datei auf, aus der die wesentlichen Eckdaten hervorgehen.
Für unser Thema Gewährleistungsrückstellungen sind dies u. a. die Auftrags-/Kundennummer, der Kunde, die Objektbeschreibung, der Beginn des Auftrags, das Auftragsende, das Datum der Abnahme/Schlussrechnung, der Netto-Rechnungsbetrag, die Dauer der Gewährleistungsfrist, der Ablauf der Gewährleistung und ggf. eine Angabe zur Höhe der Gewährleistung.
- Schätzen Sie dann auftragsbezogen ab, mit welchem prozentualen Gewährleistungsvolumen Sie pro Auftrag tatsächlich rechnen.
Es geht hierbei zunächst um Ihre subjektive Einschätzung.
Wenn Sie beispielsweise Edelstahlbehälter produzieren, die sonst keine beweglichen Teile beinhalten und Sie zudem über eine hohe Fertigungsqualität verfügen, dann dürfte die voraussichtliche Inanspruchnahme aufgrund von Qualitätsproblemen sehr gering sein.
Stellen Sie aber hochkomplexe Maschinen her, dann wissen Sie bereits aus Ihrer Erfahrung heraus, dass an manchen Stellen Probleme auftreten können.
Je besser Sie Ihre Schätzung mit Argumenten, Stichworten, Erfahrungen unterlegen können, desto qualitativ hochwertiger wird später die Bemessung der Rückstellungen sein.
- Fügen Sie in die zentrale Tabelle eine Spalte ein, in der Sie über alle Projekte das Ihrer Ansicht nach zu erwartende Gewährleistungsvolumen durch Addition der Einzelprojekte ausweisen.
- Bauen Sie die Tabelle dabei so auf, dass Aufträge, die aus der Gewährleistung nach einer gewissen Zeitspanne entfallen, nicht mehr mitaddiert werden.
- Sinnvoll ist es zudem, die Tabelle jeweils zu den Bilanzstichtagen zu archivieren, so dass Sie jederzeit auch rückwirkend nachweisen können, warum Sie seinerzeit welche Volumen angesetzt haben.
- Beachten Sie hierbei, dass die Rückstellungen nur den künftigen Aufwand vorziehen.
Sollten Sie aber auch mit nennenswerten Liquiditätsbelastungen aus den Aufträgen rechnen, weil Sie beispielsweise zusätzliche Materialien einkaufen oder externe Unternehmen beauftragen müssen, dann empfehlen wir Ihnen aus einer betriebswirtschaftlichen Perspektive heraus, auch eine entsprechende Liquiditätsvorsorge zu treffen.
Diese Cash-Beträge wirken sich auch nicht auf die künftige Rentabilität Ihres Unternehmens aus. Sie helfen Ihnen aber, einen möglichen künftigen Schaden dann auch ohne zusätzliche Belastung für die dann vorhandene Liquiditätssituation begleichen zu können.
- Auch die notwendige Liquiditätszahl können Sie einfach objektivieren, in dem Sie die Tabelle pro Projekt jeweils um eine Spalte erweitern.
Dort können Sie glatte Beträge erfassen, welche Liquiditätsreserve Sie pro Projekt vorsehen.
Die Summe aller Projekte gibt Ihnen dann das Liquiditätsbudget an, was Sie beispielsweise auf einem separates Konto bereithalten können. Der Kontostand auf diesem Bankkonto wäre dann, beispielsweise einmal im Jahr, auf den jeweiligen Wert lt. Tabelle anzupassen.
Unser Fazit
Die exakte Bewertung der Gewährleistungsrückstellungen ist ein zentrales Thema in Ihren Bilanzen.
Die oftmals angewandte Methode eines pauschalisierten Ansatzes in Höhe eines von den Finanzbehörden nicht beanstandeten Prozentwertes des garantiebehafteten Umsatzes greift oftmals zu kurz.
In diesem Beitrag haben wir Möglichkeiten aufgezeigt, wie Sie aus einer betriebswirtschaftlichen Betrachtung heraus, die Höhe der möglichen Gewährleistungsansprüche in nachvollziehbarer Weise ermitteln und dokumentieren können. Dies hilft Ihnen zur Steuerung Ihres Unternehmens und erhöht zum anderen deutlich die Qualität und die Glaubwürdigkeit Ihres Zahlenmaterials.
Natürlich gilt es auch hier, sachkundige steuerliche Kompetenz einzubeziehen.
Natürlich: Wenn Sie aufgrund Ihrer hohen Produktqualität nennenswerte Gewährleistungsansprüche nur aus der Theorie kennen, dann haben Sie doppelt gewonnen.
Die Problematik der Rückstellung in Ihrer Bilanz ist nicht vorhanden und die Kunden sind zufrieden mit Ihnen. Was wollen Sie mehr?