Es ist immer wieder erstaunlich, meine sehr verehrten Damen und Herren, was wir so alles zum Thema Personal in unseren Mandaten erleben. Allein schon dies würde ganze Bücher füllen.
Aus diesem großen BWL-Fundus möchten wir heute einmal einen Mosaikstein herausnehmen: Die „Kündigungsquote“.
Die reine Berechnung dieser Quote ist eher etwas für größere Unternehmen ab einer Belegschaft von 50 Mitarbeitenden. Dies soll aber nicht bedeuten, dass auch kleinere Unternehmen eine solche Quote errechnen und bewerten können.
Mathematisch leitet sich die Quote wie folgt ab: Anzahl der Kündigungen pro Jahr dividiert durch die durchschnittliche Anzahl an Beschäftigten.
Die Berechnung
Die Quote drückt schlicht eine Relation zwischen der Anzahl an Kündigungen eines Jahres und der gesamten Beschäftigungsanzahl aus.

Lassen Sie uns nun einmal zu den Hintergründen dieser Quote kommen.
Die aktive Kündigung eines Mitarbeitenden stellt im Normalfall eine Belastung für den Arbeitgeber dar. Es müssen neue Mitarbeiter gesucht und eingearbeitet werden. Insbesondere die Suche nach geeignetem, qualifizierten Personal stellt in allen Branchen eine große Herausforderung dar. Zudem geht oftmals viel Knowhow verloren und wandert im schlimmsten Fall sogar zur Konkurrenz ab.
Wie ist die Quote nun zu interpretieren?
Hier bietet sich einmal mehr ein Trendvergleich über viele Jahre an.
- Kleine, sinkende Quoten sind positiv zu interpretieren. Dies bedeutet, dass die Abwanderung durch eine aktive Kündigung eines Mitarbeitenden gering ist.
- Anders verhält es sich bei großen, steigenden Quoten. Die Fluktuation im Unternehmen wäre dann entsprechend hoch.
Wie bei allen Kennzahlen gilt auch hier, dass diese eine erste Indikation darstellen. Einmal mehr sollten die wirklichen Gründe eruiert werden, die hinter den Kündigungen eines jeden Jahres sich verbergen.
In bewährter Weise möchten wir Ihnen hierzu einige betriebswirtschaftliche Tipps geben.
- Bei großen Unternehmen empfehlen wir, die Quote nach den Hintergründen, die zur Kündigung geführt haben, zu differenzieren.
So könnte beispielsweise eine Quote aufgestellt werden für diejenigen Kündigungen, die primär aus finanziellen Gründen erfolgten.
Eine weitere Quote wäre denkbar, sofern ein hoher Anteil von privaten Gründen ursächlich für das Ausscheiden eines Mitarbeitenden ist.
- Differenzieren Sie selbstkritisch, welche Kündigungen der Mitarbeitenden vorhersehbar waren und welche nicht.
Gerade die Anzahl der vorhersehbaren Kündigungen kann wertvolle Impulse für eine zukunftsweisende Personalpolitik liefern. Wenn beispielsweise ein Partner eines Mitarbeitenden Ihres Unternehmens sich beruflich wohnsitzfern verändert, dann könnte dies ein potenzieller Indikator für eine mögliche Abwanderung sein.
Gleiches gilt auch für Mitarbeitende, die Signale in Richtung „Ich bin unzufrieden mit meiner derzeitigen Arbeit“ senden.
Solche Signale können oftmals beispielsweise an zu vielen Überstunden, zu vielen Krankheitsstunden, einem „Dienst nach Vorschrift“, permanentes Nörgeln, häufige Gehaltsforderungen usw. liegen.
Ein aktives Ohr der Geschäftsführung an oder für die Belegschaft ist die beste Prävention. Dies bedeutet letztendlich auch, dass Sie sich als Führungskraft öfters die Zeit nehmen sollten, ersten Signalen mit einem „sensiblen Händchen“ nachzugehen.
Wie oft haben wir es erlebt, dass ein Unternehmen völlig überrascht von dem Ausscheiden eines Mitarbeitenden war. Dabei gab es doch genug Gründe und Anzeichen, dies frühzeitig zu erkennen und entsprechend entgegenzuwirken.
Ein Praxisbeispiel aus der eigenen Vita
Ich kann mich noch gut an ein Gespräch mit einem Handlungsverantwortlichen aus meiner Vita erinnern, der eines Morgens total niedergeschlagen in mein Büro kam. „Stellen Sie sich vor, Herr Schaaf, Herr XY hat heute Morgen gekündigt. Ich bin fassungslos.“ Diese Erschütterung war nicht gespielt, mein damaliger Chef war schlicht entsetzt. Danach hat er mich gefragt, ob ich dieses gewusst bzw. geahnt hätte.
Sie können sich vermutlich denken, wie die Antwort lautet: „Es war für mich absehbar, dass der wertgeschätzte Kollege gehen wird.“ Dies offene Aussage hat die Führungskraft seinerzeit nicht gerade erbaut. Auch ich hatte einen sehr wertvollen Kollegen verloren und bedauerte dies sehr.
Unsere Beobachtungen aus vielen Mandaten
Genau dies konnten wir in unseren vielen Berufsjahren immer wieder beobachten. Natürlich gibt es auch Fälle, in denen ein Unternehmen froh ist, dass ein Teammitglied freiwillig kündigt. Dies stellt aber nicht die Regel dar.
Klar kann und soll ein Unternehmen nicht alles blind akzeptieren, was sich die Mitarbeitenden so alles wünschen. Dies gilt übrigens umgekehrt gleichermaßen.
Aber: Oftmals sind es viele Kleinigkeiten, die am Ende zu einem großen Kündigungsfrust führen. Eine persönliche Motivation der Leitungsebene in Richtung Belegschaft steht dabei ganz oben. Mitarbeitende, die immer wertschätzend von den Führungskräften angesprochen werden, wenden sich auch in unschönen Dingen eher an diese. Ein Lob, eine kleine Aufmerksamkeit, aber auch einmal eine Frage nach dem persönlichen Wohlbefinden wirken oft Wunder.
Es zeigt sich bei diesen Gesprächen immer mehr, dass jeder Mensch zwar grundsätzlich biologisch gleich aufgebaut ist, sich aber im Persönlichkeitsprofil stark unterscheidet. Manchmal sind es ganz kleine Dinge, die auf einen langen Zeitraum zu großen Frusteffekten führen können.
Eine sterile Arbeitsatmosphäre (nicht im medizinischen Sinne), bei der beispielsweise keine persönlichen Dinge auf dem Schreibtisch mehr stehen dürfen und jeder Hauch von Individualität ausgeschlossen wird, stellt für viele Menschen eine hohe Belastung dar. Natürlich ist für ein Unternehmen eine einheitliche Strategie zu fixieren und umzusetzen, aber: Stört ein Foto der Familie auf dem Schreibtisch tatsächlich den Arbeitsfrieden? Dies soll nur ein kleines Beispiel sein – zum Nachdenken.
Fazit: Die Kündigungsquote visualisiert als reine Statistik einem Unternehmen, wie sich die Abwanderungstendenzen der Mitarbeitenden im Trendverlauf entwickelt haben. Offen stellten wir dar, dass diese Quote lediglich ein Indikator ist.
Es gilt den wirklichen Ursachen auf den Grund zu gehen und ein Gespür dafür zu entwickeln, welche Mitarbeitenden potenziell abwanderungsgefährdet sind.
Ein offenes Ohr für die Belegschaft in Kombination mit einem permanenten (auch informellen) Dialog mit den Mitarbeitenden hilft, sehr frühzeitig Wünsche, aber auch Irritationen zu erkennen und diesen zum Teil mit ganz kleinen Dingen entgegenzuwirken. Dies hilft nicht nur die Abwanderungstendenzen zu reduzieren, sondern auch den Betriebsfrieden und damit das Wohlbefinden der Mitarbeitenden spürbar zu erhöhen.
Wenn dann auch noch die Leistungsbereitschaft und Motivation steigt, dann ist das eigentliche Ziel erreicht: Eine Win-win-Situation für alle. Was wollen Sie mehr!
Liegt erst die Kündigung auf Ihrem Schreibtisch, dann ist es oftmals zu spät.