Es ist erfreulich festzustellen, dass die vielen Leserreaktionen, die uns erreichen, immer wieder eines bestätigen: Wir berichten von der Praxis.
Heute haben wir das Thema „unserer schwierigster Fall im Bereich Handel“ ausgewählt.
Die Ausgangslage
Diesmal waren es externe Umstände, die das Unternehmen in Schwierigkeiten brachten, so dachte man jedenfalls. Es war die Corona Pandemie.
Aufgrund des plötzlichen Lockdowns brachen rund 60 % der Erlöse praktisch über Nacht weg. Dank erster Restrukturierungsmaßnahmen der Hausbanken sowie diverse staatliche Überbrückungsmaßnahmen konnte die Liquiditätslage des Unternehmens zunächst auf schwachem Niveau stabilisiert werden.
Die Unternehmensführung stieß aber mit der Vielzahl an Baustellen, die es gleichzeitig zu bearbeiten galt, an ihre Leistungsgrenzen. Von dritter Seite kam daher der Vorschlag, eine externe Unternehmensberatung einzuschalten.
Die Auftragserteilung
Wir erhielten daraufhin dienstags den Anruf eines der beiden geschäftsführenden Gesellschafter, vereinbarten für mittwochs einen ersten, unverbindlichen Gesprächstermin, leiteten dem Kunden daraufhin donnerstags unser Leistungsangebot zu, welches noch am gleichen Tag unterzeichnet wurde.
Wenn die 112 gerufen wird, dann sollte es auch schnell gehen. In Bezug auf diesen ersten Teil kann dies nur bejaht werden.
Der Anfang
Einmal mehr stellte sich die Bereitstellung des für uns notwendigen Zahlenmaterials (Jahresabschlüsse, betriebswirtschaftliche Auswertungen usw.) als großer Kraftakt dar.
Dies sind bereits die ersten Signale, die eine Indikation darüber abgeben, wie gut oder schlecht ein Unternehmen über wirtschaftliche Daten geführt wird.
Die Rahmenbedingungen
Es stellten sich folgende Rahmenbedingungen heraus: Die geschäftsführenden Gesellschafter waren die Mutter (76 Jahre) sowie der Sohn (46 Jahre), die jeweils 50 % der Anteile hielten.
Das zwischenmenschliche Verhältnis kann als angespannt beschrieben werden.
Das Unternehmen wurde zudem sehr stark von der dominierenden Mutter geprägt. Ihre Vision war es, perspektivisch ein Umsatzziel von rund 20 Millionen € zu erreichen. Die operative Führung des Unternehmens oblag primär dem Junior, der sich aber in vielen strategischen Dingen bezüglich der Ausrichtung des Sortiments oder der Kundenstruktur nicht gegen die Mutter durchsetzen konnte bzw. wollte.
Die steuerliche Begleitung des Unternehmens und damit auch die Buchführung wurde von dem Bruder der Mutter (Steuerberater) seit Jahren ausgeführt. Zwischen den Geschwistern bestand ein enges und gutes Verhältnis.
Mag die Datenqualität aus einem reinen steuerlichen Blickwinkel noch genügen, betriebswirtschaftlich traf dies nicht zu.
Ein enges, notwendiges Coaching des Unternehmens durch die steuerliche Begleitung erfolgte nicht.
Die Liquiditätssituation
Da sich die Liquiditätslage wieder verschlechterte, stieg der von der Hausbank ausgeübte Druck merklich an. Es bestand die Gefahr, das notwendige Kreditprolongationen bzw. weitere Überziehungskredite nicht mehr gewährt wurden. Die Illiquidität des Unternehmens wäre dann die Konsequenz gewesen.
Ein kleiner Lichtblick im Unternehmen war, dass der Juniorgesellschafter (Sohn) bereits über ein Unternehmernetzwerk eine externe Buchführungsagentur beauftragt hatte, die monatliche Buchführung (ohne steuerliche Begleitung) zu übernehmen. Dieses kleine Dienstleistungsunternehmen stellte sich als sehr leistungsfähig, flexibel und engagiert heraus.
Da die Seniorgesellschafterin externe Beratungsgesellschaften als „Blödsinn“ ablehnte, war ein direkter Dialog mit der Dame nicht möglich. Zudem wurde der Druck auf ihren Sohn, von einer externen Beratung abzusehen bzw. den Beratungsvertrag zu kündigen, ständig erhöht.
Sie können sich vorstellen, dass dies optimale Bedingungen für ein entspanntes Mandatsverhältnis sind.
Die ersten Ergebnisse
Während unseres Mandates stellte sich einmal mehr folgendes heraus: die Corona Pandemie war nicht der primäre Grund für die bestehenden Schwierigkeiten. Die Ertrags- und Bilanzdaten zeigten, dass seit Jahren – gemessen an der Unternehmensgröße – praktisch kein Geld verdient worden ist.
Hinzu kam, dass in den Aktiva des Unternehmens noch einige „bilanzielle Leichen“ vergraben waren. Dessen war man sich auch bewusst. Die Strategie war aber eine „Vogel Strauß Politik“ (den Kopf in den Sand stecken.)
Wenn wir einmal von der Maxime „Umsatz um jeden Preis“ absehen, dann war eine klare Unternehmensstrategie und damit auch ein zukunftsfähiges Geschäftsmodell nicht vorhanden.
Merken Sie etwas?
Strategische Krise, Erfolgskrise, Liquiditätskrise. Dieser Dreiklang traf hier in Reinkultur zu. Sicherlich gab es aktuell eine Fülle von Liquiditätsthemen.
Ursächlich hierfür waren aber entscheidende strategische Baustellen, die zu unbefriedigenden Ergebnissen und damit zu einer unbefriedigenden Ertragslage geführt haben. Dass dies früher oder später zu Liquiditätsthemen führen wird, war auch vor Corona bereits klar.
Der Fisch stinkt vom Kopf, so auch hier.
Die spannende Frage ist nun: wie lässt sich dieses Kopfproblem lösen? Ein kniffliger Fall für Peter Schaaf und sein Team. Ob wir die Lösung gefunden haben? Schmökern Sie einfach im nächsten Beitrag.