Haben Sie schon einmal den Begriff ‚nachhaltige Kapitaldienstfähigkeit‘ gehört?
Es wird sicherlich Damen und Herren geben, die mit dieser Materie sehr vertraut sind. Dies dürfte insbesondere die Bankerinnen und Banker unter Ihnen betreffen.
Betriebsergebnis | |
+ | Afa |
+ | Erhöhung (langfristiger Rückstellungen) |
= | Cashflow |
+ | Zinsaufwand |
= | Banken-Cashflow |
./. | Entnahmen |
+ | Einlagen |
./. | EE-Steuern |
./. | (Ersatz-) Investitionen |
./. | Sonstiges |
= | Kapitaldienstgrenze |
./. | Kapitaldienst |
= | Über- / Unterdeckung |
Im Rahmen der Kapitaldienstberechnung wird von Ihrer Bank oder Sparkasse rechnerisch überprüft, inwieweit ein Unternehmen in der Lage ist, den Kapitaldienst, d h. die Zinsen und Tilgungen für die Bankverbindlichkeiten zu erbringen.
Hinter dieser Berechnung steckt folgende Überlegung. Wenn ein Unternehmen einen durchschnittlichen Cashflow in Höhe von X erwirtschaftet, dann kann dieser theoretische Liquiditätszufluss verwendet werden, um beispielsweise Steuerzahlungen, kleine Reinvestitionen, aber auch Privatentnahmen zu bezahlen.
Das, was übrigbleibt, wird allgemein als Kapitaldienstgrenze bezeichnet. Von dieser Kapitaldienstgrenze wird dann der bestehende Kapitaldienst subtrahiert. Verbleibt ein Überschuss, dann ist ein Unternehmen kapitaldienstfähig.
Es gilt: Je höher diese Überdeckung ist, desto besser stellt sich die Kapitaldienstfähigkeit und damit letztendlich die Kreditwürdigkeit des Unternehmens dar.
Das Problem hierbei: Eine Berechnung auf Basis der historischen Daten, insbesondere des historischen Cashflows, durchzuführen ist einfach. Es stellt sich aber folgende Frage: Kann dieser Cashflow auch als nachhaltig angesehen werden?
An dieser Frage scheiden sich die Geister.
Stufenkonzept zur Beurteilung der nachhaltigen Kapitaldienstfähigkeit
Die einschlägige Fachliteratur schlägt ein sogenanntes Stufenkonzept vor.
- In einer ersten Stufe geht es rein um die historischen Daten und den hieraus ableitbaren Cashflow. Zwar gibt es auch hier die eine oder andere Baustelle – beispielsweise bzgl. der Frage, welche Erträge oder Aufwendungen zum originären Geschäft und welche Positionen eher zum außerordentlichen Bereich zuzurechnen sind – im Großen und Ganzen ist diese Frage aber gut beantwortbar.
- Die zweite Stufe sagt nun, dass eine zukunftsorientierte Fortschreibung dieses Cashflows erfolgen muss.
Zukunftsorientierte Fortschreibung? Wie genau soll dies funktionieren?
Eigentlich müsste für jedes Unternehmen bzw. von jedem Unternehmen eine Ertragsplanung für die nächsten X Jahre aufgestellt werden. Aus diesen Plan-Daten könnten dann künftige Cashflow-Ströme ermittelt sowie die künftige Kapitaldienstfähigkeit berechnet werden.
Dies mag zwar für das eine oder andere Unternehmen tatsächlich so durchgeführt werden. Für die Masse ist dies aber völlig unrealistisch. Auch ein Kreditinstitut wäre nicht in der Lage, von allen Unternehmenskunden Plan-Zahlen anzufordern und diese auch dann entsprechend auszuwerten.
Wann ist ein Unternehmen zukunftsfähig?
Lassen Sie uns die Frage der Nachhaltigkeit einmal an die Frage der Zukunftsfähigkeit koppeln. Ist ein Unternehmen, ist Ihr Unternehmen Fit for Future? Wenn diese Frage positiv beantwortet werden kann, dann müsste es auch künftig möglich sein, positive Erträge und damit Cashflow-Ströme zu realisieren, die dann eine Begleichung des notwendigen Kapitaldienstes sicherstellen.
Eine Zukunftsfähigkeit kann u. a. dann bejaht werden, wenn
- das Geschäftsmodell des Unternehmens auch in Zukunft voraussichtlich gute Erträge verspricht,
- das Management inkl. der Unternehmensorganisation dauerhaft als leistungsfähig angesehen werden kann,
- das Unternehmen ein aktives Marketing verfolgt und stets aufgeschlossen für neue Marktentwicklungen ist,
- ein Generationswechsel frühzeitig vorbereitet und eingeleitet wird sowie
- möglichen ESG-Risiken vorausschauend und weitsichtig begegnet wird.
Beurteilung der nachhaltigen Kapitaldienstfähigkeit
Die Beurteilung der nachhaltigen Kapitaldienstfähigkeit hat folglich nichts damit zu tun, statisch auf Basis alter Zahlen Berechnungen durchzuführen. Der Fokus sollte auf der Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens liegen.
Dies zu beurteilen, ist aber aus rein historischen Daten praktisch nicht möglich. Die weichen Daten, die oftmals der Bank nur aus einer sehr engen und intensiven Kundenbeziehung vorliegen, sind entscheidend.
Das rein standardisierte Ausfüllen von Vordrucken bzw. das Eingeben von historischen Daten im Rahmen eines standardisierten Prozesses greift unserer Ansicht nach deutlich zu kurz. Dies ist vermutlich aber bei vielen Banken und Sparkassen eher die Regel als die Ausnahme.
Unser Tipp: Richten Sie, sehr verehrte Unternehmerinnen und Unternehmer, Ihren Blick stärker auf die strategische Ausrichtung Ihres Unternehmens.
Wo will ich mit meinem Unternehmen in den nächsten Jahren stehen und welche Maßnahmen sind erforderlich, um dieses Ziel zu erreichen? Arbeiten Sie folglich an Ihrem Unternehmen und damit an Ihrer Unternehmenszukunft und weniger in Ihrem Unternehmen.
Wenn Sie dann noch Ihre strategischen Überlegungen Ihrem Finanzpartner übermitteln, dann hat dieser auch eine reelle Chance, das Thema Nachhaltigkeit in einer angemessenen Weise zu würdigen und eine entsprechend korrekte Bonitätsbeurteilung Ihres Unternehmens durchzuführen.
Sollten sich hieraus dann noch bessere Kreditkonditionen durch eine optimierte Rating-Note erzielen lassen, dann profitieren beide. Win-win für alle. So soll es sein.