Die Problematik der „erhaltenen Anzahlungen – Teil 2
Im ersten Teil zeigten wir die Grundlagen auf, wie Abschlagsrechnungen (in aller Regel erst bei Geldeingang) in Ihrer Buchhaltung richtig zu erfassen sind. Wir stellten deutlich heraus, dass Sie mit diesen erhaltenen Anzahlungen zwar Ihre Liquidität signifikant verbessern können und sollten. Diese Liquiditätsgenerierung ist aber losgelöst von Ihrer Ertragslage zu sehen.
Vielleicht mag sich der eine oder andere fragen, warum dies für die betriebswirtschaftliche Steuerung Ihres Unternehmens so relevant ist?
Unser erster Beitrag endete genau mit dieser Fragestellung. Nun die Antwort.
Natürlich ist das sogar hochgradig relevant, insbesondere dann, wenn Sie nicht nur Händler, sondern Projektfertiger sind. Hierzu zählen auch große Teile des Handwerksbereichs. Wenn diese Buchungen nicht korrekt in der Summen- und Saldenliste abgebildet werden, dann ist das Ergebnis Ihrer BWA falsch. Dies kann zu massiven Fehlsteuerungen führen.
Hohe Relevanz besitzt die Thematik vor allen Dingen dann, wenn Sie beispielsweise als Projektfertiger während der Herstellung, d. h. Erarbeitung eines Auftrags, mehrere Abschlagsrechnungen stellen und diese falsch gebucht werden. Dann läuft Ihre BWA gänzlich aus dem Ruder und zeigt Ihnen völlig falsche Ergebnisse an.
Sie sind noch fit? Prima. Dann gehen wir einmal in die nächste Buchführungsrunde.
Beispiel eines Auftrags mit einer Laufzeit von 3 Monaten
- Nehmen wir einmal einen Auftrag, der sich über 3 Monate erstreckt.
- Das Auftragsvolumen sei 100 T€ netto und die Fertigstellung soll zum 31.03. erfolgen (Projektbeginn: 01.01.).
- Die Auftragsstatuten sehen vor, dass Sie bei Auftragsbeginn eine Abschlagsrechnung in Höhe von 30 % und bei Lieferung sämtlicher Teile eine weitere Abschlagsrechnung in Höhe von 60 % der Auftragssumme stellen können.
- Bei Einhaltung des Liefertermines ist dann Ende März die Schlussrechnung der Auftragssumme in Höhe von 100 T€ netto zu fakturieren.
Abführung der Umsatzsteuer bei Abschlagsrechnungen
Lassen Sie uns zudem noch eine Vereinfachung im Beispiel mitberücksichtigen. Da es sich um Abschlagsrechnungen (Rechnung 1 und 2) handelt, bietet das Umsatzsteuerrecht die Möglichkeit, die Umsatzsteuer erst nach Geldeingang abzuführen. Bei „normalen“ Rechnungen in Form von Schlussrechnungen oder Teilschlussrechnungen ist die Umsatzsteuer bereits mit Rechnungsstellung zzgl. der angedachten Frist (am 10. des Folgemonats) an das Finanzamt abzuführen.
Um diesen Liquiditätsvorteil bei Abschlagsrechnungen nutzen zu können, ist es in der einfachsten Version möglich, die gestellte Abschlagsrechnung nicht in der externen Buchhaltung zu erfassen, sondern erst eine Buchung bei Geldeingang des Betrages auszulösen. Genau von dieser Vereinfachung wollen wir im Folgenden einmal ausgehen. (Alternativ hierzu kann auch eine temporäre Zwischenbuchung über ein Verrechnungskonto erfolgen.)
Was passiert nun? – Auswirkungen des Auftrags auf Ihre Zahlen
- Januar
- Bei Vertragsabschluss im Januar wird die erste Abschlagsrechnung gestellt. Wenn wir annehmen, dass der Auftraggeber sehr zeitnah bezahlt, dann dürfte der Geldeingang noch im Januar erfolgen.
- Der korrespondierende Buchungssatz lautet nun:
Per Bank an „Erhaltene Anzahlungen“ 30 T€ und an „Umsatzsteuer“.
- Die korrespondierende BWA Ihres Hauses sieht dann wie folgt aus:
Umsatzerlöse 0 €
- Februar
- Vertragsmäßig liefern Sie im Februar Ihre Arbeiten aus und dürfen nun eine zweite Abschlagsrechnung in Höhe von 60 % der Auftragssumme stellen. Auch hier nehmen wir wieder an, dass der Geldeingang auf diese Abschlagszahlung bereits im Februar erfolgt.
- Es ergibt sich auch hier der Ihnen bereits bekannte Buchungssatz: per Bank an Erhaltene Anzahlungen 60 T€ und an Umsatzsteuer.
- Sie interessieren sich eher für den Ausweis in Ihrer BWA? Bitte schön:
Umsatzerlöse: 0 €
- Bitte bekommen Sie nun keinen Schrecken.
Natürlich sind die entstandenen Personal-/Sachkosten sowie Materialaufwendungen in Ihrer BWA bereits erfasst. Wenn sonst keine korrespondierende Buchung mehr veranlasst würde, dann wäre Ihr Ergebnis negativ.
Haben Sie in den ersten beiden Monaten eine Leistung erbracht, aber diese noch nicht abgerechnet? „Sicherlich“ werden Sie jetzt antworten. Infolgedessen sind unter den Umsatzerlösen die entsprechenden Bestandveränderungen der unfertigen und fertigen Arbeiten mit in der BWA zu buchen. Dies soll aber nicht in der Betrachtung dieses Beitrags stehen.
- März
- Sie und Ihr Team haben einmal wieder mehr perfekt gearbeitet und konnten den Auftrag vertragsgemäß Ende März dem Kunden in erstklassiger Qualität übergeben. Buchhalterisch bedeutet dies nun auch, dass Sie Ihre Leistungen abrechnen können.
- Sie stellen nun die Schlussrechnung Ihres Auftrags, die durch folgenden Buchungssatz erfasst wird: per Debitor an Umsatzerlöse an Umsatzsteuer.
- Wenn Sie diesen Buchungssatz nun mit den beiden buchhalterischen Aspekten vergleichen, die im Januar und Februar erfasst wurden, dann kommen Sie zu folgender Feststellung:
Erstmalig werden die Umsatzerlöse ergebniswirksam erfasst.
- Während also die BWA von Januar und Februar keinen Erlös auswies, wird nun der komplette Auftragswert im März als Umsatzerlöse ausgewiesen.
- Dies mag Ihnen zunächst als falsch vorkommen, aber: Umsatz bedeutet lediglich die gebuchte Schlussrechnung oder Teilschlussrechnung. Die Umsatzerlöse wurden folglich in den 3 Monaten korrekt wiedergegeben (0, 0, 100 T€).
- Nicht korrekt ist aber die Ertragsaussage Ihrer BWA, sofern wirklich nur die Erlöse gebucht würden.
- In den Monaten Januar und Februar wäre ein Bestandsaufbau zu erfassen. Diese Wertschöpfung der ersten beiden Monate wäre dann im März als Bestandsabbau wieder zu korrigieren. Nur dann stimmt auch Ihre betriebswirtschaftliche Auswertung.