Es ist schon, meine sehr geehrten Damen und Herren, ernüchternd, dass es teilweise immer wieder die alten Klassiker sind, die Unternehmerinnen und Unternehmern, aber auch Bankerinnen und Bankern Kopfschmerzen bereiten.
In der letzten Seminarveranstaltung zeigte ich erfahrenen Teilnehmenden eine betriebswirtschaftliche Auswertung (DATEV-BWA) für den Zeitraum Januar bis April eines Jahres. Selbstverständlich wurde den Teilnehmenden nicht nur die betriebswirtschaftliche Auswertung, sondern auch die Summen- und Saldenliste ausgehändigt.
Die Aufgabe war, sind innerhalb von maximal 5 Minuten einen Eindruck bezüglich der Belastbarkeit des Ergebnisses dieser BWA zu verschaffen.
Wie gesagt: Es handelte sich hierbei um ein Handelsunternehmen.
Nach kurzer Zeit kam eine erste Reaktion aus dem Auditorium: Man kenne den konkreten Kunden nicht und normalerweise würden sie auch die BWA per Dezember des Vorjahres mit hinzunehmen, um die aufgeworfene Frage nach der Belastbarkeit zu beantworten. Zudem würde der Vorjahresvergleich fehlen.
Alle Aussagen waren isoliert richtig. Sie zeigten aber deutliche Unsicherheiten bei der Interpretation des Zahlenwerks.
Der erste Blick
Wohin sollte nun der 1. Blick bzgl. einer Einschätzung der betriebswirtschaftlichen Belastbarkeit der BWA bei Handelsunternehmen gehen?
Hierzu folgende Tipps:
- Vergleichen Sie das Exportdatum der BWA mit dem Datum der Periode
- Wenn beispielsweise Exportdaten/Druckdatum 5. Juni eines Jahres ist und ihnen die BWA per Mai des gleichen Jahres vorliegt, dann wurde die BWA sehr schnell nach Monatsabschluss aus dem System exportiert.
- Diesem Vorteil, sehr schnell eine Auswertung zu erhalten, steht der Nachteil gegenüber, dass vermutlich noch nennenswerte Abgrenzungspositionen und Buchungen in den Daten fehlen.
- Vergleichen Sie Materialeinsatzquote des Monats mit der kumulierten Materialeinsatzquote.
- In der betriebswirtschaftlichen Auswertung haben Sie links den Monatswert sowie im rechten Bereich die kumulierten Werte ausgewiesen.
- Oftmals ist festzustellen, dass im unterjährigen Rechnungswesen lediglich der Materialeinkauf und nicht der Materialverbrauch/Einsatz verbucht wird.
- Sollten Sie sämtliche Artikel, die Sie verkaufen just in time beziehen, so können Sie diese Thematik getrost vernachlässigen.
- Gänzlich anders sieht es aber aus, wenn Sie zu unterschiedlichen Zeitpunkten im Jahr größere Chargen einkaufen (Saisoneinkauf) und diese erst im Verlauf des Wirtschaftsjahres aus dem Lagerbestand heraus wieder verkaufen. Dieser Mehr- oder Mindereinkauf sollte am jeweiligen Monatsende synchron durch eine Gegenbuchung des Warenbestandes bzw. der RHB-Stoffe abgegrenzt werden.
- Wenn also die Materialeinsatzquote des Monatswerts in etwa der kumulierten Quote entspricht, dann spricht einiges dafür, dass hier vermutlich der Materialverbrauch und nicht der Einkauf verbucht worden ist.
In der nächsten Folge werden wir Ihnen zwei weitere Tipps zeigen, damit Sie souverän auf den ersten Blick hinsichtlich der Qualität des Datenmateriales auch den richtigen zweiten Blick folgen lassen können.