Schön, dass Sie heute wieder dabei sind. In der letzten Folge haben wir von einem mittelständischen Unternehmen berichtet, bei dem die Produktivität nicht stimmte. Ein hoher Krankenstand und Unpünktlichkeit bei der Belegschaft waren ernste „Signale“. Seitens der Geschäftsführung wurde u.a. die Lagerhalle baulich leicht verändert und dort ein Gemeinschaftsraum mit Kaffeeecke geschaffen. Zudem wurden die Abläufe bei der Ausgabe der Tagesaufträge geändert.
Die bisher praktizierte morgendliche Einzelausgabe der Arbeitsaufträge in den Büroräumen der Geschäftsführung wurden so geändert, dass der offizielle Arbeitsbeginn für die gesamte Produktivbelegschaft auf 7:30 Uhr in der Wellnessecke der Halle verbindlich für alle festgelegt wurde.
Einheitlicher Arbeitsbeginn
Der „Wellnessbereich“ der Halle, konnte aber bereits ab 7:00 Uhr inklusive aufgefüllten Schale mit Süßigkeiten und einer funktionierenden und gereinigten Kaffeemaschine betreten werden.
Jeden Morgen frischen Kaffee und „Nervennahrung“ vor Arbeitsbeginn
Um 7:30 Uhr erfolgte dann pünktlich eine kurze Ansprache bezüglich der anstehenden Herausforderungen der nächsten Tagen.
Kurze Ansprache zum pünktlichen Arbeitsbeginn
Die Arbeitsaufträge wurden dann von den beiden Geschäftsführern inklusive der notwendigen Materialentnahmescheine den Produktivkräften ausgeteilt, die sich dann im nächsten Schritt an den Lageristen wandten, um die erforderlichen Materialien und Gerätschaften in Empfang zu nehmen. Der Empfang wurde jeweils quittiert und die Empfangsbestätigung muss am Anschluss daran, d. h. vor Abfahrt auf die einzelnen Baustellen einem der beiden Geschäftsführenden persönlich übergeben werden. Dieser stand an einer bestimmten Türe, durch die die Mitarbeitenden die Halle wieder verlassen mussten.
Dieses Procedere wurde auch in den Abendstunden eingeführt, um den Rücklauf der ausgehändigten Arbeitsmaterialien, aber auch das Eintreffen der Mitarbeitenden zu überwachen.
Gemeinschaftliche Ausgabe der Arbeitsaufträge
Materialausgabe und Kontrolle der Materialentnahmescheine
Rücklaufkontrolle
Die eingetretenen Effekte
Schätzen Sie doch einmal ab, meine sehr verehrten Damen und Herren, ob diese Maßnahmen Früchte getragen haben? Was denken Sie?
Ich möchte mal mit dem Begriff der Investitionsrechnung argumentieren. Der Return on Investment oder auch ROI ist eine Kennzahl bzw. ein Rechenverfahren der statischen Investitionsrechnung. Er soll dem Entscheider eine Aussage über die Rentabilität des eingesetzten Kapitals geben.
Wenn wir einmal gedanklich diesen ROI auf die Anschaffung der Kaffeemaschine zuzüglich voller Schale mit Süßigkeiten berechnen würden, dann würden wir bahnbrechende Renditen erreichen.
Der frische Kaffee schmeckte allen gut und die Süßigkeiten wurden nahezu verschlungen. Da beides in einer gemütlichen Kaffeeecke drapiert war, führt dies zu folgenden Effekten:
- Arbeitsbeginn war zwar erst um 7:30 Uhr. Die Kolleginnen und Kollegen versuchten, aber in Eigeninteresse bereits vorzeitig die Wellnessecke zu betreten und in Ruhe den Tag beginnen zu lassen und miteinander über dies und das zu klönen. Die Gesprächsinhalte waren zum Teil privat, zum Teil auch dienstlich. Immer stärker entwickelte sich das Eigeninteresse, frühzeitig morgens einzutreffen, um den Tag entspannt beginnen zu können. Es kam sogar noch besser.
- Da die Arbeitsaufträge ab 7:30 Uhr vor der gesamten Belegschaft den Einzelmitarbeitern ausgehändigt wurden, fiel sowohl den Kollegen, aber auch der Geschäftsführung direkt auf, wer fehlte. Dies führte zu einer Art Gruppendynamik, wobei es bei den Kollegen weniger das pünktliche Erscheinen der fehlenden Mitarbeiter, sondern mehr um den fehlenden Kaffeeplausch ging.
- Die Pünktlichkeitsquote der Belegschaft stieg merklich.
- Auch die Zeitspanne zwischen der Ausgabe der Arbeitsaufträge, der in Empfangnahme des Materials (bzw. Gerätschaften) sowie das Verlassen des Geländes in Richtung Kunde konnte aufgrund der Ausgangskontrolle/persönlich Abgabe der Materialentnahmescheine signifikant verbessert werden.
Gruppendynamik
Pünktlichkeitsquote
Alles in allem führten die Einführung der Viertagewoche aber vor allem die Einrichtung der wurde der Wohlfühloase mit frischem Kaffee und Süßigkeiten zu einem erhöhten Wohlbefinden der Beschäftigten. Praktisch als Abfallprodukt steigerte sich auch die Wertschöpfung, die rechnerisch pro Produktivkraft realisiert werden konnte.
Die insgesamt für den Hallenumbau/Ausbau und die Kaffeeecke notwendigen Investitionen beliefen sich gemessen an der Unternehmensgröße auf einem überschaubaren Niveau.
Es ist doch manchmal erstaunlich, meine sehr verehrten Damen und Herren, was mit pfiffigen Ideen, moderaten Budgets sowie einer konsequenten Mitarbeiterführung alles erreicht werden kann, finden Sie nicht?