In dieser Folge möchten wir uns wieder einmal einem klassischen Thema der Bilanzanalyse widmen.
Immer wieder können wir – insbesondere in unseren Fortbildungsveranstaltungen – feststellen, dass Bilanzzahlen zum Teil falsch gedeutet werden.
Ursächlich hierfür ist unserer Ansicht nach insbesondere die Tatsache, dass sich viele Bilanzanalysten weniger die Frage stellen, welche möglichen Ursachen denn zu einer bestimmten Bilanzrelation geführt haben, sondern sich vielmehr direkt auf einen Grund festlegen.
Wie immer, so gilt auch hier: Fragen hilft.
Aber: Wenn wir, insbesondere die Bankerinnen und Banker unter Ihnen, permanent alles vom Unternehmen erfragen würden, kämen wir nicht weiter.
Dieses auch der Grund, warum wir in unseren Fortbildungsveranstaltungen immer wieder trainieren: Die Zahlen müssen zu Ihnen sprechen. Ziel sollte es sein, dass Sie sich in das Unternehmen hineindenken. Denn: Jedes Unternehmen ist anders, auch dann, wenn manche Banken und Sparkassen gerne im Rahmen einer Standardisierung von Prozessen alles über einen Kamm scheren würden. Das funktioniert aber leider nicht!
Wenn Sie Bilanzdaten interpretieren, sollten Sie sich immer wieder darüber bewusst sein, dass Sie lediglich die Vermögens- und Schuldenposition des Unternehmens am Stichtag sehen. Einen Tag, ja sogar 1 Stunde vorher oder nachher kann die Welt ganz anders sein. Dies kann zu deutlichen Fehlinterpretationen führen.
Sie möchten erfahren, mit welchen Blicken Sie eine erste Indikation zur Stichtagliquidität eines Unternehmens erhalten können?
Gerne kommen wir diesem Ansinnen mit folgenden pragmatischen Tipps nach:
- Checken Sie die Höhe der liquiden Mittel
Betrachten Sie die Höhe der liquiden Mittel, die in der Bilanz zum Stichtag ausgewiesen sind. Es gilt die Faustformel: Je höher der Bestand an liquiden Mitteln in Relation zur Bilanzsumme oder aber zu den Umsatzerlösen ist, desto liquider ist das Unternehmen.
Natürlich kann dieser erste Blick auch trügen: Stichtagsverzerrungen (der Bestand an liquiden Mitteln ist am Bilanzstichtag deutlich zu hoch oder zu gering) oder aber eine Abtretung der Guthaben als Sicherheit für die Hausbank sind hierfür zwei Beispiele.
- Definieren Sie eine Cash Reichweite.
Die Höhe des Bestandes an liquiden Mitteln ist selbstverständlich immer in der Relation zur Unternehmensgröße zu sehen. Eine Barliquidität von 100 T€ ist für ein kleines Floristenfachgeschäft eine unglaubliche Summe, für ein großes DAX-Unternehmen dagegen eher die Portokasse.
Aus diesem Aspekt empfiehlt es sich, auch eine Cash-Reichweite abzuleiten. Sie soll Ihnen visualisieren, wie lange die liquiden Mittel des Unternehmens – in Jahren oder Monaten – rechnerisch reichen, um die Fixkosten zu decken.
Diese Kennzahl lässt sich wie folgt berechnen:
Die Kennzahl 1 würde bedeuten, dass die liquiden Mittel eines Unternehmens so hoch sind, dass damit ein Jahr (oder einen Monat je nach Definition) die gesamten Personal- und Sachaufwendungen bezahlt werden können.
Dies ist sicherlich ein unrealistischer Wert.
Die Grundaussage dieser Kennzahl lautet: Je höher der Faktor ist, desto besser ist die Liquidität des Unternehmens.
Weitere Tipps lesen Sie in der nächsten Folge.