In unserem letzten Beitrag haben wir von einem unserer Beratungsmandate berichtet. Es handelte sich hierbei um ein wirtschaftlich solides Unternehmen mit einem Umsatzvolumen von rund 14 Millionen Euro, welches unbedingt an einer Submission für einen Großauftrag in einer Größenordnung von 8 Millionen teilnehmen wollte. Das Ziel: Es sollte endlich die „magische“ Erlösgrenze von 20 Millionen Euro überschritten werden.
Wir wurden gebeten, die Rentabilität des Auftrags zu verifizieren sowie eine Chancen-/Risikoabwägung zu treffen. Unsere Einschätzung war eindeutig: Die Risiken überwogen deutlich. Von der Teilnahme an der Submission haben wir „energisch“ abgeraten.
- Wie reagierte unser Mandant?
Spannend war dann die Präsentation unserer Ergebnisse vor der Geschäftsleitung. Wir wurden zwar sehr höflich empfangen, aber unsere Aussagen „gefielen den Führungskräften nicht“.
Ihr Ziel war die schnelle Expansion und der zu erwartende Umsatzanstieg durch den Auftrag.
Das gut einstündige Gespräch endete mit den Worten: „Herr Schaaf, wir haben Ihre Einschätzung zur Kenntnis genommen. Wir wünschen Ihnen einen schönen Tag!“
Diese Worte kamen zwar freundlich, aber hinsichtlich der Intonation sowie der Mimik und Gestik mehr als deutlich an.
Ich/Wir waren der festen Überzeugung, diesen Kunden nie wieder zu sehen.
Sicherlich reflektierten wir das Gespräch auch noch einmal von unserer Seite. Nach wie vor war ich/waren wir der Überzeugung, dass unsere Einschätzung richtig war, auch wenn Sie dem Mandanten nicht gefiel.
Leider waren wir auch der festen Überzeugung, dieses Mandat verloren zu haben.
- Und wie ging es weiter?
Es dauerte gut einen Monat, bis das Telefon in meinem Büro klingelte. Es war der Geschäftsführer dieses Unternehmens.
Er sagte sehr freundlich, kurz und knapp: „Herr Schaaf, ich wollte Sie nur darüber informieren, dass wir unser Angebot zurückgezogen haben.“
Diese Worte klingen heute noch nach bei mir. Es ist der von mir sehr geschätzten Persönlichkeit sicherlich nicht leichtgefallen, mich persönlich zu informieren.
Eine Veranlassung dazu bestand auch nicht, denn unser Auftrag war erfüllt. Es war schlicht Rückgrat, über den eigenen Schatten zu springen.
Ganz ehrlich: Wir waren stolz darauf, uns mit unserer Meinung durchgesetzt zu haben.
Der „Stolz“ ist in der Weise zu interpretieren, als dass wir damit die Existenz des Unternehmens mit gesichert haben.
Auch wenn sämtliche Erkenntnisse auch ohne uns der Geschäftsführung bereits bekannt waren, so war am Ende doch die Bewertung eines externen unabhängigen Dritten in Kombination mit klaren, offenen und authentischen Argumenten entscheidend, die Ausschreibung zurückzuziehen.
Ohne unsere deutlichen Worte wäre der Auftrag angenommen worden. Damit wären dann auch die hohen Risiken in den Büchern gewesen. Davon sind wir bis heute fest überzeugt.
Selbst wenn wir mit diesem Auftrag „dicke Honorare“ generiert hätten (und das war nicht der Fall), dann hätten sich diese allein durch den Rückzug dieses Angebotes unser Einsatz für das Unternehmen x-Mal „rentiert“.
Fazit
Unternehmensberatung, so denken wir, hat etwas mit Überzeugungskraft zu tun. Zahlen allein sind es sicherlich nicht.
Zur Überzeugungskraft gehört es auch, unbequem zu sein, aber nicht um den Mandanten zu schädigen.
Im Gegenteil. Nur die offene, gegebenenfalls unbequeme Meinung hilft am langen Ende, gemeinsam um den besten Weg zu ringen, denn:
Der Nutzen/Mehrwert unserer Mandanten hat für uns oberste Priorität, nicht die Generierung von Honoraren.